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Weihnachtsgrüße

Floyd´s Gattin hat beruflich viel mit Menschen zu tun, und bekommt deshalb zu Weihnachten immer viele Weihnachtskarten mit vermeintlich gutmeinenden Wünschen oder tiefsinnigen Zitaten.

 

Floyd liest diese Karten immer gerne, um sich in seinem metaphorischen Verständnis zu trainieren. Dieses Mal hat ihn eine Karte einer caritativen Einrichtung doch sehr gefordert.

 

Als Einstieg wurde Mutter Teresa zitiert:

 

 

Kartentext: „Jedes Mal, wenn wir Gott durch uns hindurch andere Menschen lieben lassen, ist Weihnachten“

 

 

Floyd: Hä….??? Wie soll das denn gehen? Ich stelle mich Gott, wer immer das sein soll, zur Verfügung, damit er durch mich irgendetwas mit anderen Menschen anstellen kann? Und immer dann ist Weihnachten?? Ich dachte, das wäre immer nur im Winter am 24.-26. Dezember jeden Jahres.

 

 

Kartentext: „Ja, es wird jedes Mal Weihnachten, wenn wir unserem Bruder zulächeln und ihm die Hand reichen.“

 

 

Floyd: Wow, da scheinen wohl einige deutlich öfter Weihnachten zu haben als Floyd. Floyd hat ja nicht einmal einen Bruder!

 

Floyd ist aufgrund dieser neuen Erkenntnis bereits sichtlich irritiert, als er sich dem persönlichen Grußtext zuwendet:

 

 

Kartentext: „Sehr geehrte Frau von Floyd, zum Jahreswechsel wünschen wir Ihnen die Stille für den Blick nach innen und vorne, um mit neuen Kräften den Mut für die richtigen Entscheidungen im neuen Jahr zu treffen.“

 

 

Floyd: Na die trauen sich was! Da scheint jemand aber sehr daran interessiert zu sein, seine eigenen Wünsche und Vorstellungen auf andere projizieren zu wollen. Stille ist ja für die Gattin eigentlich gar nichts; lieber eine tolle Party mit vielen Freunden. Das wäre doch viel besser, als ständige Stille. Auch wenn sie scheinbar nötig ist, wenn man den Blick nach innen ausprobieren will (wie soll das denn gehen? Das wird auch in der Stille nix…). Und dann zusätzlich auch noch den Blick nach vorne? Nach hinten blicken scheidet völlig aus? Das ist für Floyd besonders unverständlich, da er gerade aus dem Blick in die Vergangenheit seine so wichtigen Handlungsschablonen bildet. Kraft und Mut sind sicher Eigenschaften, die jedem zu wünschen wären, aber Floyd zieht es dann doch vor, für zukünftige Handlungen primär seinen Verstand zu nutzen. Was Menschen widerfährt, die nur stark und mutig sind, sieht man ja deutlich an seinem Freund Jörg. Floyd fällt es mittlerweile schwer, diesen Text als freundlich zugewandt zu interpretieren, wo doch nur überwiegend zweifelhafte Ratschläge gegeben werden.

 

Aber der Text in der Weihnachtsgrußkarte ist noch nicht zu Ende:

 

 

Kartentext: „Wir wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen eine besinnliche Adventszeit, ein friedvolles Weihnachtsfest und für das neue Jahr Gesundheit, Zufriedenheit und Erfolg.“

 

 

Floyd: Oh nein, bloß nicht besinnlich!!! In besinnlichen Momenten fangen Floyd`s Gattin und seine Schwiegermutter immer an zu heulen. Das kann Floyd schon bei einer von den beiden kaum ertragen. Alles, aber bloß nichts Besinnliches!!!!
Friedvolles ist dagegen sehr willkommen. Und auch gegen Gesundheit, Zufriedenheit und Erfolg hat Floyd nicht einzuwenden. Auch wenn das in seinem Fall schon eine leicht ironische Färbung haben könnte, aber die Karte war ja auch nicht an ihn gerichtet. Und im Interpretieren ist Floyd auch nicht so besonders gut.

 

Weiter geht es mit dem letzten Teil der Karte:

 

 

Kartentext: „Mit diesem Weihnachtsgruß verbinden wir unseren Dank für die vertrauensvolle und angenehme Zusammenarbeit in diesem Jahr.“

 

 

Floyd: Wie, was, das war es schon? Erst die ultimative Lobhudelei anstimmen, und dann nur ein Dank für…? Kein Scheinchen extra? Selbst Floyd kennt für sowas eine Metapher: Einen feuchten Händedruck nennt man sowas wohl in der Welt der NT´s. Wie immer die darauf gekommen sind…

 

Also, so einen richtigen Erkenntnisgewinn hat Floyd aus seiner Weihnachtsgrußkartenanalyse nicht ziehen können. Aber seine Gattin hat sich gefreut, und war richtig gerührt (Wenn Floyd zumindest das richtig interpretiert haben sollte). Und dann ist das ja auch so in Ordnung. Floyd freut sich allerdings mehr darüber, dass ihm keiner solche Karten schreibt, und er sich gemäß gesellschaftlicher Konvention womöglich noch bei den Absendern für etwas bedanken müsste, was er gar nicht verstanden-, oder ihm nicht gefallen hat.

 

 

In diesem Sinne allen eine schöne Weihnachtszeit und immer gutes Wetter! 

 

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